Zunftbrief von 1632 - Zunft zum Grimmen Löwen, Diessenhofen

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Zunftbrief von 1632

Zunftschätze
Zunftbrief aus dem Jahre 1632
Der Zunftbrief unterzeichnet von Ferdinand Sax, Stadtammann und  den 4-erRats Mitgliedern Hans Jakob Wäpfer und Mans Marti Fischli.
Unser „Zunftbrief“ stammt von 1632 und wurde durch den damaligen Stadtammann Ferdinand Sax und 2 Zunftherren unterzeichnet. Also nicht von Friedrich dem III., wie in alten Aufzeichnungen erzählt! Tatsache ist, dass unsere Zunft, obwohl als solche im Zunftbrief von 1632 mehrfach benannt, bei ihrer Gründung im Jahre 1418 keine eigentliche Zunft, sondern vielmehr eine Trink-, resp. Gesellschaftsstube war und als solche auch keine Genehmigung durch die Habsburger brauchte und auch nicht bekam. Die „Mär“ von dem verschwundenen Original eines Zunftbriefs aus dem Jahr 1418 unterschrieben von Friedrich dem III. wurde wohl irgendwann erfunden, als sich die Zunft im letzten Jahrhundert daran machte, unsere Zunftgeschichte zu erforschen. Einen wirklichen Zunftbrief haben die Schaffhauser Zünfte 1411 von den Habsburgern erhalten. In Schaffhausen waren ja die Zünfte auch Teil des „Regiments“, wie in Zürich, Basel und Bern.

Zunfftbrieff ainer ehrlichen (loblichen) Gesellschaft zum Grimmen Löwen


Im Nammen der Hailigen Dreyfalltikhait, Gott Vaters, Sohns und Hailigen Geists, Amen.

Kund und zuo wüssen seye Allermenigelich mit dieserm Brieff: Alsdan vor Ettlich hundert Jahren die Ansehnliche, uhralte Zunfft, genant herren Stuben, mit grosser anzal Hoch- und Wolansehnlicher Freyherren, Ritterstandts, vom Adel, Schildt- und Helmssgenossen, thailss auch allhie gewessne Burgern, thails in der NachParschafft alss vemelten Orths Zünftigen gesessenen Persohnen, dermassen besetzt gewessen, also dass vil ehrliche Burger allhie zue gehaltenen Jahrstagenkhain blatz noch orth uf gedachter Herren Stuben gehaben noch bekhomen mögen. Da sind nun us solcher Ursach Acht und Zwainzig Burger allhie und under Anderen auch Herr Truchsess, genant Mollj, ainhellig bewegt worden, dass sye nit allain für sich selbsten, sonder auch für Ire Erben und ErbensErben Ain Aigen Zunfft oder Stuben keufflichen an sich bringen wollen, habend derhalben, zue mehrung guoter, getreuwer Gesellschafft, gegen ainanderen fridliebender tragender ainigkhait nachgeschriebne Drey Heusser und Hoffstatten, als von Hannssen Trommetters, Elsi Geugenschnabel und Endli Riedters um Neuntzig Pfund heller baren Gelts aus Irem aigenen Seckhel erkhauft und zalt und mit bewilligen Herren Schulthaissen und Raths der Statt Diessenhoffen allhie einAnsehnliche Zunfft und Stuben erbauwen und zum Grimmen Löwen gehaissen worden, und hat sich dissere Gesellschafft von Ihrem gemachten anfang biss uff dato mit den Zünfftigen Persohnen vermehrt, also dass solche zu dieser Zeyt die Herren Stuben übertreffen thuot. Es ist zwar durch Unfleiss das erst gebauwne Haus dieser Zunfft Anno 1610 umb Weihnächten, meheren theils (Laider) verbrunnen, aber von obgedachten Herren Schulthaiss und Rath auf Piten der Ehrlichen Gesellschaft in disse gegenwertige form widerumben erbauwen worden. Disser Zunfft oder Gesellschaft Recht und gerechtigkhait wirdt Jederman Manssamens auff Begeren umb gebirend gelt oder Verehrung aines Silbernen bechers durch Ain gantze versamte Gesellschaft oder durch die Jeder Zeytt vier verordnete Custoffel oder Vierer zue khaufen geben, Alsdann sind dieselbige Persohnen disser Zunfft so wol als andere an allen Iren nachgeschriben befreyungen und Rechtsammen theilhafftig, vheig und gnossig. Und sind solche der Zunfft Recht und gerechtigkeiten:
Nämlichen und
Zum Ersten:
Ain jeder, so uff disser Stuben Zum Löwen Zünfftig ist, derselbig hat an allem Silber- Haus- und Kuchi-Geschirr, nebend Anderen Mitzünfftigen Herren und Persohnen, sein ongferliche ansprach. Er mag auch zue haltenden Jharsstägen denjenigen von der Obrikhait Järlich gebenden trünckhen beywohnen, nutzen und niessen, wüchtenlich oder täglich, nach Jedes gelegenhait, die Stuben besuchen und der darauff verordnete Stubenkhnecht ist schuldig Jedem Zünfftigen nach seinem Begeren Speiss und trankh umb bar gelt aufzuestellen und abzuewarten, oder aber Ain Jeder, so das Stubenrecht hat, mag speiss und trankh aus seinem oder ainem Andern hauss uff die Stuben geben und hollen lassen so vill Er will, sein Zech betrifft und Ime belieben macht.
Zum Anderen:
So khann das Stubenrecht volgender gestalt auch ererbt werden: Nämlichen wan Ain Vatter, so diss Stubenrecht hat, mit todt abgeht, Alssdan so erbt und falt dass Stubenrecht uff den Eltisten Sohn und sonsten uff Kheinen andern seiner brüeder, sonder sye müessen die Zunfft, so sye anderst in der Gesellschaft sein wollen, wie obsteht khauffen. Wan es sich aber begehen, dass der elter Sohn, so dass Stubenrecht von seinem Vatter ererbt, auch absterben wurd, so falt das Zunftrecht wiederumben allain uff seinen eltisten Sohn, der dannzuemalen vorhanden ist.
Zum Dritten:
So soll oder mag Ain Vatter, so Zunfftgenössig, seinen Khindern oder Geschwistrigten uff disser Stuben hochzeyttliche Malzeytten, Schenkhen, ehrliche täntz halten und haben lassen, und ist von dem wein so er darmit verbraucht, khein Taffern oder Umbgelt nach wolhergebrachtem, altem brauch oder Oberkhait zuegeben nit schuldig, sonder allain soll und muos er uff die Zunfft erleggen Zehen Schilling haller und Zwee under den Viereren gastieren. Und so am Silber-, Hauss- oder Kuchigeschirr ald anderm etwass in wehrender Hochzeit verwahrlosset, zerbrochen oder genommen würde, ist derjenig, so das hochZeyt, Schenckhi oder Tantz halten lasst, den schaden abzuetragen schuldig und verbunden.
Zum Vierten
Wan Ain Zünfftiger Ain hochzeyt in ainem Würtzhauss halten lasset, so soll derhochzeytter die Schenkhj auff der Zunfft halten und vier mass win darauff geben und alssdann sollen die Vierer die Schenkhi umb gebirende Urten, den hochzeytter aber zue gast haben. Die Frauwen oder Weiber Schenkhj aber wirdt im Würtzhauss , wo dass Hochzeytmal geben worden ist, gehalten.
Zum Fünfften
Haltet dissere Zunfft zum Grimmen Löwen Järlichen zue zweyen oder dreyen malen alss zue der H. Osteren oder PfingstFesten, sonderlich aber am St. Stephanstag, ain allgemein Pott durch Iren erwelten Stubendiene bey straff aines Schilling hallers, dass Jeder Zünfftiger uff der Stuben erschinen soll. Und wan der mehrer theil bey ainanderen versampt ist, So danckhend die zween alte Vierer, so zwey Jhar lang regiert gemeiner Gesellschafft ab, und übergebend Jhren gwalt, schlüssel und fürschlag nebend erwellung zweyer anderen Vierer oder Cuostoffel.
Zum Sechsten und Letzten:
Wan zwen oder mehr stubengesellen uff disser Zunfft mit wortten oder werkhen stritig und unainig wurdent, So mag ain ehrliche Gesellschaft sie freündtlich vergleichen und abstraffen: Aber von Jedem Insonders mehr nit alss Zehen Schilling haller zue straff nemmen; Jedoch gemeiner Statt nach Geschaffenhait der misshandlung Ihre recht lauter vorbehalten. Und damit ain Jeder so disser Zunfft vheig ist, oder noch gnossig werden will wüssen möge, wass disser Zunfft Rechtsammen und Satzungen seyen, Also sind solche obstender massen In dissen Brieff geschriben worden järlichen ain oder Zweymal öffentlich zue menigelicher nachrichtung abzuelessen. Und dessen zue warem urkhundt und Zeugnuss. So hat der Fromb, Ehrnuest und
Weyss herr Erhardt Brunner, der zeytten Schulthaiss allhie und auff der Gesellschaft beschehnes Pitten, Sein Aigen Secret Insigel (doch gemeiner Statt wie oben vermelt, auch Ime herren Brunner und seinen erben ohne schaden) öffentlich hierunden an dissen Brief gehenckht. So geben und beschehen uff St. Stephanstag, von der geburt Jesu Christi gezelt Sechszenhundert Zwey und Dreyssig Jhar.

Ferdinandum per me Sax.

Derselben Zitt Stubenfierer: Hans Jakob Wäpfer, Schuhmacher, und Hanss Marti Fischli 1632

Quelle: Abschrift aus der Zunftanthologie von Urs Roesch


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