Gedicht aus dem Jahre 1885 - Zunft zum Grimmen Löwen, Diessenhofen

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Gedicht aus dem Jahre 1885

Zunftgeschichte

Werthe Zunftherrn! Diesen Abend Sind wir, wie seit manchen Jahren
Wieder nach der "Vater Sitte freudig auf die Zunft gefahren.
Manche, die oft dagewesen, sie erschau ich heute wieder,
Die voreinst mit uns getafelt, mitgesungen manche Lieder.
Alte Freunde und Genossen, frohe, freudige Gesichter,
Grüsset jetzt zur Feierstunde gern mit frohem Muth der Dichter.
Aber schau ich rings im Kreise, seh' ich auch gar manche Lücke,
Manchen Theuern schau ich nimmer, den entriss des
Schicksals Tücke.
Einstens haben sie so traulich, freudig unter uns gesessen,
Darum wollen wir auch ihrer Heut — und nimmermehr vergessen.
Haben manchen frohen Abend zugebracht in unsrer Runde,
Ihnen sei ein still Gedenken jetzt in dieser Feierstunde.
und zum Feste kehr' ich wieder, und man fragt vor allen Dingen:
Was wird der heutige Abend freundlich fröhliches wohl bringen?
Wenn Sie, frohgesinnte Gäste, so voll Neugierde mich fragen,
Weis' ich erst auf unser Menü, das wird uns die Antwort sagen.
Kommt zuerst als Ouvertüre für der Zunftherrn frohe Gruppe
Aus Herrn Altenburgers Küche eine feine Sagosuppe.
Und dann kommen mit Pastetchen gute, herrliche Forellen,
Wie sie gestern hat gefangen unser Fischli aus den Wellen.

Und dann folgt ein Reh, das sicher in dem Wald ein guter Treffer

Hat geschossen, doch Frau Wirthin hat bereitet dann den Pfeffer.
Und auch Gänslein aber sagt mir: Wo sind denn wohl die
gewachsen?
Sind sie etwa aus der Nähe, oder kommen sie aus Sachsen?







Endlich Pudding, süsse Speise, und Salat sodann mit Schinken,
Wisst es wohl, Ihr zünft'gen Herren, ist gemacht für zünft'ges Trinken.
Darum weis't des Wirtes Karte uns auch so verschiedene Weine,
Nicht gewachsen in dem Keller, nein, aus Reben an dem Rheine.
Darum kreist auch in der Runde unser altgewohnte Becher,
Euch zur Freude, Euch zum Heile, frohe, ehrenwerthe Zecher.
Aber um der Tafel Freude uns auch heiter zu verschönen,
Blühet uns ein ungewohntes Duft'ges Bouquet voll von Tönen.
Denn es kamen gestern zu uns fernen Südens dunkle Kinder,
Und es kreiset ja der Bogen auf der Geige stets geschwinder.
Ja wie klinget da die Fiedel, Und wie tönet da die Bratsche,
Ja das heisst man trefflich spielen.  So kann es nicht jeder Latsche.
Hört lhrs ja so seltsam klingen durch des Saales helle Räume,
Wahrlich diese Melodien sind des Südens sonn'ge Träume.
Aber schau ich erst die Stirnen all der Zunftherrn, all der Denker,
Möcht ich ahnungsvoll und ernstlich fragen unsers Schicksals Lenker:
Was wird erst an Geistesspeise uns zu Teil, an weisen Reden!
Und ich weiss nicht, wohin schauen. Im Verdachte hab' ich Jeden.
Aber was uns auch wird werden, was uns Freundliches mag kommen,
Dank und Heil sei einem Jeden, der was schafft zu unserm Frommen.
Heil und Preis sei heut der Freude, Heil und Preis der Fröhlichkeit,
Und sie walt' in unserm Kreise jetzo und zu allerzeit.










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